Deutschlands biedere Autoshow-Landschaft

22. November 2016 von

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“The Grand Tour” mit Clarkson, Hammond und May feierte Premiere. Warum schaffen wir Deutschen keine so tolle Sendung?

Clarkson, Hammond und May sind wieder los! Am 18.11. wurde die neue Sendung “The Grand Tour” des Trios der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Mit dem Lied “I can see clearly now” von den Hothouse Flowers betraten die ehemaligen “Top Gear”-Moderatoren wieder die Heimkino-Bühne. In der ersten Folge war alles dabei, was man sich als Anhänger der drei verrückten Opis nur wünschen konnte: wundervoll unvernünftige Autos, kecke Sprüche und tolle Bilder.

Das Rezept für die “Grand Tour” scheint folgendes zu sein: Man nehme drei Entertainer im besten Alter, gebe ihnen ein großes Zelt für die Manege und ein paar schicke Autos, mit denen sie um die Welt heizen und möglichst viel Chaos anrichten. Dazu wird, um die “Petrolhead”-Stammkundschaft nicht zu enttäuschen, die Abneigung gegen umweltfreundliche Automobile gerne offen zur Schau gestellt, zum Beispiel mit einer Attrappe eines in den Boden gerammten Toyota Prius vor den Hackeschen Höfen in Berlin.

In den Boden gebohrter Prius mit dem personalisierten Kennzeichen “H4mmond”

Die Freude über die Rückkehr von Clarkson und Co. wurde nur davon getrübt, dass uns die Sendung von Amazon zeigte, dass selbst ein hauptberuflicher Online-Versandhändler bessere Autoshows produzieren kann als das deutsche Fernsehen. Dabei handelt es sich beim Auto doch um des Deutschen liebstes Kind!

Warum schafft es Deutschland, die Wiege des Automobils, keine so unterhaltsame Autosendung zu produzieren wie die BBC mit “Top Gear” und jetzt auch Amazon mit “The Grand Tour”? Schließlich haben nicht Abigail Cadillac oder Emily Jaguar die erste Fernfahrt mit einem Automobil unternommen, sondern Bertha Benz.

Warum werden wir mit Autosendungen wie dem recht einfallslosen “Autoquartett” auf RTL NITRO oder der Show “auto mobil” auf VOX, die so steif ist wie die Karosserie eines Saab und so trocken wie eine Vorlesung “Höhere Mathematik”, abgespeist? Dabei muss man den privaten Sendern zugutehalten, dass sie es zumindest versuchen. Von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gibt es in dieser Hinsicht gar keine Bemühungen. Und nochmal, warum?

Der erste Gedanke: Es muss am Geld liegen! Schließlich ist die “Grand Tour” die teuerste Eigenproduktion von Amazon und allein Jeremy Clarkson soll ein Jahresgehalt von etwa 13 Millionen Euro einstreichen. Bei der BBC unterschrieb Matt LeBlanc einen Vertrag über immerhin 1,7 Millionen Euro für die nächsten zwei Jahre. Schließlich war der ehemalige “Friends”-Star ein seltener Lichtblick in der ersten “Top Gear”-Staffel nach der Clarkson-Ära.

Chris Evans (mitte) wurde nach der ersten Staffel von der BBC gegangen

Bestimmt können sich die Öffentlich-Rechtlichen solch außerordentlich hohe Gagen für eine Autoshow gar nicht leisten. Mit welchen Mitteln soll man die Bewohner der schönen Stadt Rosenheim schützen, wenn die “Rosenheim Cops” nicht mehr bezahlt werden können?

Ein Vergleich der Einnahmen der Öffentlich-Rechtlichen und der BBC zeigt jedoch, dass die Engländer mit 4,1 Milliarden Euro etwa ein halb so großes Budget zur Verfügung haben wie ARD, ZDF und Kompanie. Zudem kann sich die BBC mit diesem Geld “Luther”, eine Art britischer Shaft und “Sherlock Holmes” leisten, die den Kriminellen in einer Metropole wie London den Garaus machen, von Rosenheim ganz zu schweigen. Am Budget der deutschen Rundfunksender kann es demnach nicht liegen, dass sie sich erst gar nicht an Autosendungen herantrauen.

Vielleicht ist es ja der britische Humor? Es muss einfach am britischen Humor liegen. So schwierig wie Jeremy Clarkson im Umgang sein mag, und wenn man einen Produzenten ins Gesicht schlägt, dann gehört man wirklich zur Creme de la Creme des “Schwierig”-Seins, so fantastisch ist er als Moderator. Clarkson, Hammond und May sind ein eingeschworenes Team, das der Langeweile kaum eine Chance lässt. Solche Charaktere haben wir in Deutschland einfach nicht. Oder etwa doch?

Stefan Raab kommt einem da in den Sinn. Der Tausendsassa bewies nicht nur, dass er eine erfolgreiche Fernsehsendung moderieren und produzieren kann, er erfand auch noch die Wok Weltmeisterschaft, stellte sich 55 Herausforderern bei “Schlag den Raab”, fuhr bei der “Stock Car Crash Challenge” anderen in die Karre, trug das TV total Turmspringen aus und verzeichnete erstaunliche Erfolge beim Eurovision Song Contest. Jedoch können wir auch das Feld einschränken und nach Unterhaltungskünstlern speziell im Automobilbereich suchen.

Panagiota Petridou, Moderatorin von “Biete Rostlaube, suche Traumauto”, zeigt auf VOX, wie man das Publikum vor der Flimmerkiste unterhalten kann, auch wenn sich die Sendung ums Auto dreht. Die authentische und hingebungsvolle Art der ehemaligen Autoverkäuferin animiert den Zuschauer immer wieder gerne bei ihrer Suche nach einem Traumauto einzuschalten.

Zappt man trotzdem weiter, dann stößt man mit etwas Glück auf die “PS Profis” bei SPORT1. Dort kann man Jean Pierre Kraemer und Sidney Hoffmann zusehen, wie sie unbekümmert Gebrauchtwagen unter die Lupe nehmen. Die beiden haben die seltene Gabe komplexe Zusammenhänge nicht nur einfach erklären zu können, sondern dabei gleichzeitig witzig zu sein.

Die PS Profis und Panagiota zeigen also, dass es in den Tiefen des deutschen Fernsehens durchaus Bausteine für eine unterhaltsame Autoshow gibt. Daher unsere Bitte an die Öffentlich-Rechtlichen: Nehmt ein wenig Geld in die Hand, verpflichtet die richtigen Leute und zeigt dem Online-Versandhändler, wie man Fernsehen macht! Wir bei carwow geben die Hoffnung nicht auf, dass es auch für die deutsche Autoshow-Fernsehlandschaft einmal heißen wird:

“I can see clearly now, the rain is gone

I can see all obstacles in my way

Gone are the dark clouds, that had me blind

It’s gonna be a bright (bright), bright (bright)

Sun shiny day”.