Risiko Wildwechsel: Richtiges Verhalten bei Wildunfall

18. August 2023 von

Sie sind auf dem Heimweg, es ist bereits dunkel und Sie müssen über die Landstraße fahren. Ein wenig mulmig ist Ihnen schon – und plötzlich sehen Sie am Straßenrand zwei leuchtende Augen. Es ist Wildwechsel, und damit Sie im Fall der Fälle richtig reagieren oder was Sie tun müssen, wenn ein Wildunfall nicht mehr zu vermeiden war, erfahren Sie hier.

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Sie hatten einen Wildunfall – wie verhalten Sie sich richtig?

✅ Unfallstelle absichern: Warnblinkanlage einschalten, Warndreieck aufstellen.

✅ Polizei alarmieren. Keine Fahrerflucht begehen!

✅ Verletztes oder getötetes Tier nicht anfassen! Die Bergung übernimmt der Förster oder Jäger.

✅ Machen Sie Fotos vom Unfallort, Tier und Fahrzeug.

✅ Wildunfallbescheinigung von Polizei, Jäger oder Förster ausstellen lassen.

✅ Kfz-Versicherung benachrichtigen, bevor Reparatur vorgenommen wird.

Was ist ein Wildwechsel?

Unsere Straßen befinden sich häufig zwischen Wäldern oder wurden unwissentlich durch Heimatgebiete von Wildtieren gebaut. Deshalb ist es nicht selten, dass Tier und Auto sich treffen – eine gefährliche Situation. Laut einer Statistik des Deutschen Jagdverbands gab es in den Jahren 2020 und 2021 mehr als 200.000 Wildunfälle in ganz Deutschland. Die meisten davon mit Rehwild.

Wann und warum gibt es Wildwechsel?

Die häufigsten Gründe für Wildwechsel sind:

  • Suche nach Futter
  • Partnersuche während der Brunftzeit
  • sogenannte Äsung

Wenn Tiere trotz hohem Verkehrsaufkommen den Streckenabschnitt als Teil ihres Lebensraums sehen, weil eine Straße durch ihr ursprüngliches Gebiet gebaut wurde, nennt man das Äsung. Wild überquert aber auch zur Futtersuche Straßen, oder während der Brunftzeit, um einen geeigneten Partner zu finden.

Wildwechsel tritt meist dort auf, wo Straßen unmittelbar an Felder oder Wälder angrenzen. Vor allem im Herbst sind Wildtiere aktiv. In den Monaten September bis November sollten Sie mit erhöhter Wildwechselgefahr rechnen. Das betrifft in erster Linie die Morgen- und Abenddämmerung – genauer morgens zwischen 4:00 und 7:00 Uhr und abends zwischen 17:00 und 23:00 Uhr. Sollten Sie zu diesen Zeiten unterwegs sein, ist erhöhte Aufmerksamkeit gefragt.

Auch die Leitpfosten am Fahrbahnrand sind an Stellen mit erhöhtem Wildwechsel mit blauem Reflektoren bestückt. Diese sollen Tiere von der Fahrbahn fern halten.

Richtiges Verhalten bei Wildwechsel

In den Herbstmonaten sollten Sie mit Wildwechsel rechnen, und sich entsprechend verhalten. Mit dem richtigen Verhalten lassen sich Wildunfälle häufig verhindern.

  • Achten Sie auf Verkehrsschilder, die Wildwechsel anzeigen
  • In Wildwechselgebieten langsam und aufmerksam fahren
  • Rechten Fahrbahnrand im Blick behalten
  • Ein Tier kommt selten allein!
  • Steht ein Tier auf der Straße – Fernlicht aus und hupen
  • Vollbremsung nur, wenn hinter Ihnen niemand fährt
  • Reicht der Bremsweg nicht, nicht ausweichen

Wenn Sie sehen, dass vor Ihnen ein Wildtier die Straße überquert, dann müssen Sie damit rechnen, dass noch weitere folgen. Oft läuft ein Tier voraus, bevor die gesamte Familie folgt. Schalten Sie das Fernlicht sofort ab, wenn Sie Tiere erblicken, denn oft erstarren diese im Lichtschein und laufen nicht weiter. Hupen erschreckt sie, und motiviert das Wild zum weiterlaufen. Ein nachgerüstetes Head-up-Display erspart Ihnen übrigens den Blick auf den Tacho und erhöht damit Ihre Aufmerksamkeit für umherlaufende Wildtiere.

Wann handelt es sich um einen Wildunfall?

Von einem Wildunfall wird gesprochen, wenn ein Fahrzeug durch den Zusammenprall oder durch ein Ausweichmanöver mit einem Tier beschädigt wird. Bei den Tieren muss es sich um Haarwild handeln. Zum Haarwild gehören folgende Wildtiere:

  • Schwarzwild
  • Rotwild
  • Rehwild
  • Damwild
  • Füchse
  • Luchse

Wenn Sie einen Fahrzeugschaden aufgrund eines Zusammenstoßes mit Federwild haben, zählt das nicht als Wildunfall. Federwild ist beispielsweise ein Fasan oder ein Habicht.

Risikofaktoren für Wildunfall

Erhöhtes Risiko besteht, wie bereits erwähnt, in den Herbstmonaten. Doch grundsätzlich können Wildunfälle das ganze Jahr über passieren. Grundsätzliche Risikofaktoren für Wildunfälle sind:

  • Schlechte Lichtverhältnisse
  • Morgen- und Abendstunden
  • Umstellung Sommer- auf Winterzeit
  • Brunftzeit
  • Zunehmendes Verkehrsaufkommen
  • Zu schnelle und unvorsichtige Fahrweise

Unterschätzte Gefahr

Die Gefahr, die ein Wildunfall auch für uns Menschen mit sich bringen kann, wird häufig unterschätzt. Wer reflexartig ausweicht, um das Tier nicht zu verletzen, kann in den Gegenverkehr geraten oder an einem Baum landen. Bleibt man ruhig und reagiert man richtig, ist ein Aufprall unvermeidbar.

Hier kommt es zu enormen Kräften, denn je nachdem wie schnell Sie waren, kann ein Wildtier mit mehreren Tonnen in das Fahrzeug einschlagen.

Aufprallgewicht von Wildtieren
(bei 60 km/h)
Rehbock 0,8 Tonnen
Damhirsch 2,5 Tonnen
Wildschwein 3,5 Tonnen
Rothirsch 5,0 Tonnen

Schon ein kleiner Rehbock bekommt beim Aufprall mit 60 km/h das Gewicht eines Bullen – und wer mit einem Rothirsch zusammenstößt, der könnte genauso gut mit einem ausgewachsenen Elefanten kollidieren.

Nach einem Wildunfall – was tun?

Konnten Sie nicht schnell genug reagieren und hatten einen zu langen Bremsweg, dann ist ein Wildunfall unvermeidlich. Wir sagen Ihnen, wie Sie sich nun verhalten sollten:

  1. Unfallstelle absichern: Warnblinkanlage einschalten, Warnweste anziehen und Ruhe bewahren. Auch wenn das Tier geflüchtet ist.
  2. Erste Hilfe leisten: Wenn Personen verletzt wurden, den Notruf wählen. Vorab Erste Hilfe leisten, Verbandskasten im Auto nutzen.
  3. Polizei verständigen: Egal ob es einen Personenschaden gab oder nicht, bei einem Wildunfall muss IMMER die Polizei benachrichtigt werden.
    – Standort durchgeben
    – Je nach Bundesland Jäger verständigen (lassen)
    – Wildschadenbescheinigung aushändigen lassen
  4. Verletzte Tiere: Lebt das angefahrene Tier noch, bitte nicht anfassen und an den Seitenstreifen ziehen. Wenn es Schmerzen hat, wehrt es sich und könnte Sie verletzen.
  5. Am Unfallort warten: Bis die Polizei und der Jäger eingetroffen sind, müssen Sie am Unfallort warten.

Am wichtigsten ist, dass Sie nach dem Zusammenstoß nicht in Panik verfallen und kopflos vom Unfallort flüchten. Eine Fahrerflucht ist das zwar nicht, jedoch ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, wenn Sie ein verletztes noch lebendes Tier einfach liegen lassen.

Sie sollten außerdem auf keinen Fall ein angefahrenes, totes Wild selbständig von der Unfallstelle entfernen, das ist Wilderei und kann eine Strafe bedeuten.

Schadensregulierung: Wer zahlt nach einem Wildunfall?

Wildunfälle werden immer häufiger, und nicht selten ist eine unangebrachte Fahrweise die Ursache. Deshalb ist die Schadensregulierung durch die Versicherung oftmals schwierig. Nach einem Wildunfall sollten Sie deshalb für die Versicherung folgendes tun:

  • Bilder vom Schaden am Fahrzeug machen
  • Auch Detailaufnahmen mit Blut oder Haaren des Tieres
  • Wildschadenbescheinigung anfordern

Sind Sie Niederwild wie Füchsen, Igeln oder Hasen ausgewichen und wurde deshalb ein Schaden am Fahrzeug verursacht, kann es sein, dass die Versicherung nicht zahlt. Erstmal muss es sich um einen Wildunfall mit Haarwild handeln, und zweitens gelten Ausweichen und eine Vollbremsung als unverhältnismäßige Maßnahmen.

Warum ist eine Wildschadenbescheinigung nötig?

Mit dieser Bescheinigung stellt Ihnen der Jäger oder die Polizei eindeutig aus, dass der Schaden an Ihrem Fahrzeug durch ein Wildtier verursacht wurde. Bei vielen Versicherungen ist eine Wildschadenbescheinigung Voraussetzung für die Schadensregulierung. Dennoch ist das keine Garantie für eine Übernahme der Kosten. Einen Wildunfall bezahlt grundsätzlich nur eine Kaskoversicherung, bei der normalen Haftpflichtversicherung ist so ein Schaden ausgeschlossen.

Eine Wildschadenbescheinigung enthält folgende Informationen:

  • Wann und wo war der Wildunfall?
  • Kennzeichen und Marke des Fahrzeugs
  • Welches Wildtier war involviert?
  • Wo am Fahrzeug war der Aufprall?
  • Wurden Blut, Haare, Beschädigungen festgestellt?
  • Wurde das Tier verletzt oder getötet?
  • Gab es Zeugen?
  • Wurde die Polizei verständigt?

Was kostet eine Wildunfallbescheinigung?

Jäger oder Polizei können für die Ausstellung der Bescheinigung eine Gebühr verlangen. Hierbei handelt es sich um eine Aufwandsentschädigung, die maximal 15 Euro betragen darf. Diese Kosten können von der Versicherung auch übernommen werden.

“Rettungskosten” bei Ausweichmanövern

Was passiert, wenn Sie dem Wild ausweichen und dabei einen anderen Unfall verursachen? Hier kann es vor allem Probleme mit der Versicherung geben. Allgemein heißt es, dass ein Aufwendungsersatz – also Rettungskosten – von der Teilkaskoversicherung gefordert werden kann, wenn ein Schaden nicht direkt und ohne Berührung mit dem Wild verursacht worden ist, sondern durch einen Ausweichversuch.

Ob die Versicherung die Kosten übernimmt, ist allerdings nicht sicher. Meist braucht man Zeugen, um nachweisen zu können, dass der Schaden auch wirklich von einem Ausweichversuch stammt.

Haftung bei Auffahrunfällen wegen Tieren

Wenn Sie stark bremsen, weil vor Ihnen ein Kleintier, beispielsweise ein Eichhörnchen, über die Straße läuft und das hinter Ihnen fahrende Auto auf Sie auffährt, dann haften Sie für den Schaden zu 25 Prozent mit. Natürlich hätte genügend Sicherheitsabstand eingehalten werden müssen, aber durch Ihr plötzliches Bremsmanöver haben Sie es der anderen Person auch schwer gemacht.

Schadensersatzansprüche wegen Wildunfall

Nach einem Wildunfall ist es nicht möglich, den Jäger oder Förster dafür in Verantwortung zu nehmen. Wild gilt im juristischen Sinne als herrenlose Sache, Schadensersatzansprüche können also in der Regel nicht geltend gemacht werden.

Eine Ausnahme stellen Treib- und Drückjagden dar. Wenn eine solche Jagd stattfindet, dann sind die Veranstalter dazu verpflichtet, das Wild nicht in Richtung einer befahrenen Straße zu jagen. Wenn aufgrund dessen ein Unfall passiert, können in diesem Fall Schadensersatzansprüche an die Veranstalter gestellt werden.

Ist an einer Stelle mit erhöhter Wildwechselgefahr kein entsprechendes Verkehrsschild angebracht, ist es auch möglich, dass die Straßenbehörde für den Wildschaden aufkommt.

So vermeiden Sie den Wildunfall

Damit sich die Frage, was nach einem Wildunfall zu tun ist, gar nicht stellt und Sie auch keine Probleme mit der Versicherung haben, sollten Sie den Wildunfall am besten vermeiden.

Vermeiden Assistenzsysteme Wildunfälle?

Moderne Fahrzeuge sind mit jeder Menge Assistenzsystemen ausgestattet, die eigentlich einen Wildunfall vermeiden müssten. Leider ist das nicht immer der Fall. Verlassen Sie sich deshalb nicht auf die Systeme, sondern bleiben Sie aufmerksam.

Der ADAC hat zwei Assistenzsysteme bei Wildunfall-Simulationen getestet.

Ist Ihr Fahrzeug mit einem Nachtsicht-Assistenten ausgestattet, sind die Chancen laut ADAC hoch, dass die Infrarotsensoren die Wärmestrahlung von Tieren einfangen und deshalb frühzeitig auf die Gefahr aufmerksam machen. Allerdings ist ein Nachtsicht-Assistent eine teure Sonderausstattung, und meist nur für Mittelklasse- und Oberklassefahrzeuge erhältlich.

Was im Test nicht funktioniert hat, war eine Bremsung mithilfe des Notbremsassistenten. Dieser ist nicht dafür optimiert, Wild zu erkennen.

Schwierig kann es auch werden, wenn im Herbst die Scheiben wegen Feuchtigkeit innen beschlagen. Das schränkt die Sicht ein – deshalb erst losfahren, wenn die Frontscheibe wieder frei ist.

Wichtige Fragen und Antworten zum Thema Wildunfall

Wenn Sie noch Fragen zum Thema Wildunfall haben, sind hier noch ein paar Antworten.

Wird man wegen Wildunfall in der Versicherung hochgestuft?

Das ist von Ihrer Versicherung abhängig. Wenn der Wildschaden von der Teilkasko übernommen wird, dann ändert sich die Einstufung nicht. Zahlt die Vollkasko den Schaden, ist eine Hochstufung möglich.

Wann zahlt die Versicherung bei Wildunfall?

Nur wenn das Fahrzeug bei einem Wildunfall in Bewegung war, zahlt die Versicherung. Läuft ein Tier in ein geparktes Auto, zählt das nicht als Wildunfall. Außerdem sollten Sie eine Wildschadenbescheinigung vorzeigen können, und eine Kaskoversicherung abgeschlossen haben.

Was macht die Polizei bei Wildunfall?

Egal ob Personen verletzt wurden oder nicht, bei einem Wildunfall muss die Polizei hinzugezogen werden. Diese nimmt den Unfall auf  und informiert den Jäger, damit er sich um das verletzte oder tote Tier kümmert.