Russische Automarken: Geschichte und Modelle

04. Oktober 2022 von

Lada und sonst nichts? Wenn es um russische Automarken geht, dürften vielen kaum bis gar keine Beispiele einfallen. Unter den Geländegänger:innen wiederum hält sich immerhin der Lada Niva 4×4, bei uns auch als Lada Taiga 4×4 bekannt, schon seit 1976 in beinahe unveränderter Form als sichere Bank. Doch ist die russische Automobilwelt wirklich so karg, wie es scheint? In diesem Artikel erfahren Sie mehr über bei uns nicht gerade geläufige russische Automarken, deren Modelle sowie Firmengeschichte.

⏰  Russische Automarken im Überblick

Lada: Alles, was Russland zu bieten hat?

Als mehr oder weniger einzige russische Marke konnte sich Lada auf dem europäischen Markt halten. Besonders viele Exemplare aus russischer Produktion begegnen einem im Alltag zwar nicht, aber hin und wieder darf man – insbesondere in bergigen Regionen – einen Blick auf ein Taiga-Modell erhaschen. Dass das Fahrzeug eine Offroad-Legende darstellt, mag vielleicht einigen entgangen sein, ist aber trotzdem Fakt. In Russland produziert der Hersteller weiter fröhlich vor sich hin und kann einen Marktanteil von etwa 19 % im Jahr 2016 vorweisen.

Da kommt Lada her: Firmenhistorie

Alltagsautos braucht das Land: Dieses Motto nahmen sich die Führungskräfte der Sowjetunion in den 60er Jahren wohl zu Herzen und leiteten daraufhin eine Kooperation mit der italienischen Marke Fiat in die Wege. Nicht nur eine große Fabrik, der Wolschski awtomobilny sawod – kurz WAS – in der Region Samara ging daraus hervor, es wurde gar ein ganzer Ort zu Ehren des an dem Deal beteiligten italienischen Politikers Palmiro Togliatti umbenannt. Der heute größte Automobilhersteller Russlands war geboren: AwtoWAS sitzt nach wie vor in der Stadt Toljatti.

Tatsächlich war der Markenname Lada anfänglich nur Exportmodellen für den Westen vorbehalten. Den auf dem heimischen Markt vertriebenen Fahrzeugen war der klingende Name Schiguli vorbehalten. 2012 wurde der letzte Schiguli in Russland gefertigt, 2017 war dann auch mit der Produktion im Ausland Schluss, nachdem das ägyptische Fertigungswerk abbrannte. Das wohl berühmteste Modell der Firma, den Lada Niva 4×4 oder auch Taiga 4×4, baut AwtoWAS mit rudimentärer Ausstattung und mit wenigen technischen Neuerungen seit der Markteinführung 1976. Dennoch hat sich das Auto einen Ruf in der Landwirtschaft und im Geländebetrieb gemacht, und kann eine ansehnliche Fangemeinde vorweisen.

Beliebte Lada-Modelle

Meistverkaufte Lada-Modelle
Niva 4×4
Kalina
Granta
Vesta
XRay

Da will Lada hin: Zukunftsvision

Ursprünglich gedachte Renault, sich mit intensiven Investitionen am Lada-Konzern zu beteiligen. Geplant war eine Zusammenarbeit der Marken Dacia und Lada, um sich an einer Neuauflage des Lada Niva zu versuchen. Das Geburtsjahr des frisch aufgelegten Niva wurde auf 2024 geschätzt, doch eine bestimmte Sache kam dazwischen: Wer nicht gerade auf dem Mond haust, wird von dem Russland-Ukraine-Konflikt sicher schon Wind bekommen haben. Der Geldgeber Renault war von den Kampfhandlungen wenig verzückt, sodass die Zusammenarbeit auf Eis gelegt und die Produktion in Moskau gestoppt wurde. Wie es mit den ursprünglichen Zukunftsplänen der Marke Lada aussieht, ist insofern recht schwierig abzuschätzen.

In Sachen Fahrzeuge mit wiederaufLADAbaren Akkumulatoren will sich die russische Automarke 2024 mit dem Launch des e-Largus ausprobieren. Das Auto soll auf dem eingestellten Dacia-Modell Logan MCV basieren. Dass die Uralt-Plattform aus dem Renault-Konzern in einem E-Auto verwurschtelt werden kann, wollen die Ingenieure bei Lada unter Beweis stellen.

Kombat: Zum Schutze gepanzert

Worin sitzt jemand, der vor Beschuss sicher sein und gleichzeitig maximale Mobilität genießen will? Das hier ist nicht etwa eine Fangfrage – die Antwort der russischen Automarke Kombat fällt denkbar einfach aus, man muss sich als automobilinteressierte Person bloß ein wenig auf dem russischen Automarkt auskennen. Auf die eingangs gestellte Frage erwidert Kombat: “Der gepanzerte T-98”. Und der Wagen hat es wahrlich in sich: Damit ist nicht nur die schwere Panzerung in den Beschussklassen B2 bis B7 gemeint, sondern auch die maximale Füllmenge des Tanks – um überhaupt 100 Kilometer weit zu kommen, benötigt der Koloss reichlich Sprit, um die 25 bis 35 Liter sollen es sein. Mit diesem Wissen erübrigt sich die Verwunderung über den 105 Liter fassenden Tank.

Da kommt Kombat her: Firmenhistorie

Im Gegensatz zu manch anderen russischen Marken ist die Firmengeschichte der Marke Kombat recht unspektakulär: Seine Ursprünge fand das Unternehmen als Designstudio für Autos im Jahr 1985. Die Marke mit Sitz in Sankt-Petersburg ließ einige Modelle produzieren, wie z.B. den Kanonir oder Laura. Im Gegensatz zur Geschichte jedoch ziemlich spektakulär erscheint das in der Einführung bereits erwähnte Gefährt namens T-98, das in verschiedenen Beschussschutzklassen erhältlich ist. Es handelt sich beim T-98 nicht etwa um ein Exklusivfahrzeug für Staatschefs und Regierungsmitglieder, sondern um ein Auto, das auch von der zivilen Bevölkerung in einer extra dafür vorgesehenen Variante angeboten wird.

Beliebte Kombat-Modelle

Meistverkaufte Kombat-Modelle
T-98
Laura
Kanonir

Da will Kombat hin: Zukunftsvision

Selbst eine eingehende Recherche endet mit dem gleichen Ergebnis wie ein einfacher kurzer Blick ins World Wide Web: Informationen über die Zukunftspläne der russischen Marke Kombat sind rar gesät, eigentlich gar nicht auffindbar. Insofern bleibt abzuwarten, welche Schritte die Firma gehen möchte. Wie heißt es so schön: Die Zeit wird’s zeigen.

Moskwitsch: Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet

Der Markenname Moskwitsch dürfte wahrlich nur bekennenden Russland-Auto-Cracks ein Begriff sein – eventuell erinnern sich noch ein paar Bewohner:innen der neuen Bundesländer an die Marke, die zu DDR-Zeiten im Osten vertrieben wurde, und mit zuverlässigen Alltagsautos assoziiert wurde. Hierzulande sind noch etwa 400 Exemplare der insolvent gegangenen Firma unterwegs. Die Totenstarre soll aber nicht mehr lange andauern: In Russland wurde unlängst die Absicht geäußert, die Marke wiederzubeleben. Ob es dafür nur eine Herzdruckmassage oder etwas intensivere medizinische Versorgung braucht, ist noch nicht klar.

Da kommt Moskwitsch her: Firmenhistorie

Die gewieften Füchse werden es bereits am Markennamen erkannt haben: Alles deutet darauf hin, dass die Marke aus der russischen Hauptstadt Moskau stammen muss. Die aufgekeimten Erwartungen werden nach einem Blick in die Geschichtsbücher nicht enttäuscht: Das Staatliche Moskauer Automobil-Montagewerk “KIM” wurde im Jahre 1930 gegründet und nahm zunächst die Produktion des Ford A-Modells in Lizenznahme auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte der Bevölkerung ein einfacher Kleinwagen für die individuelle Mobilität zur Verfügung gestellt werden; und weil es sich um ein Moskauer unternehmen handelte, entschied man sich, den Wagen schlicht und ergreifend “Moskauer” (russisch Moskwitsch) zu nennen.

Da das Unternehmen von als Reparationsleistungen eingezogenen Fertigungsanlagen des Opel-Konzerns profitierte, wurde der Moskwitsch-400 auf Basis des Opel Kadett als erstes Fahrzeug der neuen Reihe ins Rennen gebracht. In der Folge entwickelte die russische Marke weitere Pkw, unter anderem einen der ersten mit Allradantrieb, nämlich den Moskwitsch-410. In der DDR machten sich Moskwitsch-Automobile ebenfalls einen Namen.
Die Produktionszeit der Marke Moskwitsch war allerdings seit eh und je von einem Rückstand im Vergleich zu den westlichen Automobilstandards geprägt. Wohl auch aus diesem Grunde wurde die Firma 2006 für insolvent erklärt.

Beliebte Moskwitsch-Modelle

Meistverkaufte Moskwitsch-Modelle
Moskwitsch-2142
Moskwitsch-2140
Moskwitsch-412

Da will Moskwitsch hin: Zukunftsvision

Renault hat sich aus dem Russland-Geschäft zurückgezogen; für die in Moskau stationierte Fertigungsanlage und den Bürgermeister der Stadt, Sergej Sobjanin, bedeutet das: Volle Kraft voraus zu einer Neuauflage der Marke Moskwitsch. Die Pläne sind wohl auch als Reaktion auf den Rückzug vieler westlicher Automarken zu verstehen. Besonders konkret wurde das Vorhaben jedoch nicht kommuniziert. Klar ist nur, dass in einem ersten Schritt Verbrennerautos gebaut werden sollen. Stromer sind ebenfalls vorgesehen, sollen aber erst zu einem späteren Zeitpunkt in die Produktpalette aufgenommen werden.

Wolga: Besser lebendig als tot

Der russischen Automarke Wolga ereilte ein ähnliches Schicksal wie den Landskolleg:innen bei Moskwitsch, auch wenn das Unternehmen nicht der Insolvenz anheim gefallen ist: Fahrzeuge mit eigenem Markennamen stellt der Dachkonzern GAZ jedoch nicht mehr her, das Unternehmen fertigte zwischenzeitlich Skoda Yetis und VW Jettas an. Heute werden insbesondere Busse, Lkws und Baumaschinen gefertigt.

Da kommt Wolga her: Firmenhistorie

Wolga genießt in Russland – ähnlich wie Moskwitsch – den Ruf einer Traditionsmarke. Die Autos wurden viel und gerne gekauft. Sie stellten zwar keine neuen Rekorde in Sachen Verarbeitungsqualität und Technik dar, können jedoch als grundsolide Stücke automobiler Produktion gesehen werden. Den Anstoß für den Markennamen Wolga gab der erstmals 1956 produzierte Wagen GAZ M-21 – dieser wurde nämlich auf den Namen Wolga getauft, folgte auf das Modell Pobeda und brachte den Rubel im wahrsten Sinne des Wortes ins Rollen. Dass die Fabrikanlage in Nischni Nowgorod an der Wolga liegt, könnte – Mutmaßungen zufolge – der Ursprung des Namens gewesen sein. Es folgten eine 24er sowie darauf aufbauend eine 31er-Reihe an Autos mit der Bezeichnung Wolga.

Das jüngste Projekt aus der Feder der russischen Marke war der Wolga Siber, ein Fahrzeug auf der Basis des Chrysler Sebring – die Namensverwandtschaft ist erschlagend offensichtlich. Als vollen Erfolg konnte man das Modell jedoch nicht bezeichnen – schon zwei Jahre später, im Jahre 2010, stellte man aufgrund geringer Nachfrage die Produktion des Autos wieder ein.

Beliebte Lancia-Modelle

Meistverkaufte Wolga-Modelle
GAZ-3105
GAZ-3111
GAZ-24

Da will Wolga hin: Zukunftsvision

Der Laden läuft immerhin weiter, nicht so wie es bei Moskwitsch der Fall ist: Die GAZ-Gruppe musste ihre Produktionshandlungen noch nicht wegen mangelnden Geldes einstellen. Pkw unter eigener Flagge verkauft das Unternehmen derzeit zwar nicht, doch das soll sich rasch wieder ändern: Zusammen mit der totgeglaubten Marke Moskwitsch soll sich Wolga bald wieder um Privatkunden bemühen – das Revival der sowjetischen Automarken steht also bevor.

Saporoshez: Sabberfrosch russischer Abstammung?

Bitte was? Lassen Sie uns raten: Die zur ehemaligen sowjetischen Automarke Saporoshez gehörige Abschnittsüberschrift setzt in Ihnen Verwunderung frei? Nunja, wüssten wir es nicht besser, würden wir Ihnen beipflichten – so kennen wir aber die Hintergründe und können verlauten lassen: Ja, der Saporoshez ist ein Sabberfrosch. Und eine Kremlwanze. Und eine Soljankaschüssel. Und eine Taigatrommel.

Das sind nicht etwa Bezeichnungen, die wir uns im Rahmen eines feuchtfröhlichen Mitarbeiterabends haben einfallen lassen; tatsächlich spiegeln diese Namen die Meinung der Bürger wider, wenn sie damals an ein Modell des Herstellers Saporoshez dachten. Wie man erkennen kann, genoss die Marke Saporoshez nicht gerade den besten Ruf, war jedoch – auch in der DDR – ein Gefährt für Freunde von kleinen, robusten und kostengünstigen Autos.

Da kommt Saporoshez her: Firmenhistorie

Schon in den 50er Jahren befahl der ehemalige russische Machthaber Josef Stalin den Bau eines preiswerten Autos für die breite Bevölkerung. In den 60ern wurde dieses Vorhaben letzten Endes umgesetzt, Ergebnis der Bemühungen war der kleine, traktorartig ratternde SAS-965. Auf diese Weise etablierte sich – neben den vielen anderen spöttischen Bezeichnungen des Autos – der Name “Kolchosentraktor”.

Gerne genutzt wurde im russischsprachigen Raum die Bezeichnung “Sapor”, was so viel wie Verstopfung bedeutet. Die Modelle liefen in einigen westlichen Ländern unter dem Namen Yalta. Ein jähes Ende fand die qualitativ zu Wünschen übrig lassende, wenn auch günstig zu kaufende Marke im Jahr 1994 – die Produktion wurde restlos eingestellt.

Beliebte Saporoshez-Modelle

Meistverkaufte Saporoshez-Modelle
SAS-965
SAS-966
SAS-968

Da will Saporoshez hin: Zukunftsvision

Dieses Kapitel lässt sich einfach abschließen: Die russische Automarke Saporoshez existiert nicht mehr und hat sich entsprechend auch nicht dazu genötigt gefühlt, Zukunftspläne zu konzipieren oder gar zu verkünden. Im Rahmen der Wiederbelebungsaktion sowjetischer Automarken ist bisher nicht die Rede von einem Revival des “Sapo”.