Schöne neue Automobilwelt – 3 Thesen, wie in Zukunft Autos gekauft und verkauft werden
05. Juni 2025 von Irene Wallner

Dein Weg zum neuen Auto
Die Art und Weise, wie wir das Auto unserer Träume finden, anschaffen, nutzen und wieder verkaufen hat sich verändert. Carwow erklärt, was die Magie des Autokaufs heute ausmacht und welche Chancen – und Aufgaben – sich daraus für den Markt ergeben.
Wer vor der Jahrtausendwende aufwuchs, wusste: Wenn Vati mit dem dicken Geldumschlag in der Manteltasche die ganze Familie zum Autohaus fuhr, geschah etwas Bedeutsames. Etwas Großes. Etwas Magisches. Heute wirken solche Erinnerungen auf uns skurril – denn nicht nur unsere Beziehung zum Automobil hat sich verändert, sondern mit ihr auch die Art und Weise, wie wir das Auto unserer Träume (oder sollten wir besser sagen, das Auto unserer Bedürfnisse) finden, anschaffen, nutzen und wieder verkaufen.
Carwow, ein führendes Online-Autoportal, beobachtet diesen Wandel genau. Als zentraler Handelsplatz, an dem private Autokäufer, -verkäufer, Vertriebspartner und OEMs zusammenkommen, weiß der digitale Retail-Experte, was die Magie des Autokaufs heute ausmacht und welche Chancen – und Aufgaben – sich daraus für den Markt ergeben. Zwischen gescheiterten Direktvertriebsplänen und bröckelnden Autohausfassaden, zwischen Fast-Retail-Zyklen aus China und dem Wunsch, die individuelle Mobilität klimagerechter zu gestalten, kristallisiert sich eine neue Welt des Autohandels heraus. Zeit, sich auf die Zukunft einzustellen.
1. Willkommen im Zeitalter der Marktplätze: Unabhängige Onlineberatung und -vermittlung verändern die Art und Weise des Autokaufs und -verkaufs
Der reine Online-Handel von Autos setzt sich nur sehr langsam durch! Aber der Informations- und Auswahlprozess beim Autokauf und -verkauf wird bald mehrheitlich über Marktplätze stattfinden.
So gut wie alle Automobilhersteller haben in den vergangenen Jahren massiv in den Online-Direktvertrieb investiert. Doch ob es sich auszahlt, ist mehr als fraglich. Der erhoffte Durchbruch? Lässt weiter auf sich warten. Wie so oft sind es die wirklichen Bedürfnisse der Kunden, die den Träumen der Konzerne diametral gegenüberstehen. So zeigt die MHP-Studie „Online Car Sales 2023“, dass die Bereitschaft, online zu kaufen, zwar insgesamt deutlich steigt (9 % im Jahr 2020 auf 22 % im Jahr 2023, was einer Zunahme von 144 % entspricht). Doch beim Autokauf, wo es nicht nur um viel Geld geht, sondern auch physische und emotionale Aspekte eine Rolle spielen, muss das Thema differenziert betrachtet werden. Auch eine aktuelle Carwow-Umfrage stützt die Ergebnisse der MHP-Studie. Gleichzeitig geben aber zwei Drittel der Befragten an, Bedenken beim reinen Online-Kauf zu haben. Sie wollen das Auto vor dem Kauf Probe fahren, es sehen, bevor sie sich entscheiden. Auch aus der Sorge heraus, das Geld nicht zurückzubekommen, sollten sie ihre Meinung ändern. Vorbei sind die Zeiten, in denen der Händler dem Kunden sagte, was er braucht – jetzt wird der Prozess vom Kunden gesteuert. Die Branche muss erkennen, dass das Kundenbedürfnis nach einem hybriden Einkaufserlebnis auch im automobilen Bereich wächst.
“Die Customer Journey der Zukunft ist hybrid. Erst online recherchieren und entscheiden, dann offline kaufen.”
Philipp Sayler von Amende, CEO Carwow
Während der Direktvertrieb weitgehend aufgegeben wird und Autohäuser ohne einen Omnichannel-Ansatz keine nachhaltige Lösung mehr bieten können, werden unabhängige Online-Marktplätze zunehmend attraktiver – nicht zuletzt, weil sie vermehrt auf künstliche Intelligenz setzen, um datengestützte, personalisierte und effiziente Unterstützung bei Kaufentscheidungen zu bieten. Sie sind der Go-To-Place für alle, denen eine niedrigschwellige digitale Präsentation, unabhängige Beratung und umfassende, datenbasierte Informationen wichtig sind. Und das werden immer mehr. 96 % der Kunden bevorzugen in der Informationsphase vor dem Autokauf eine Online-Recherche. 56 % lassen sich bevorzugt offline beraten, obwohl ein signifikanter Anteil von 44 % auch diesen Teil des Prozesses lieber online abwickeln würde. Die Customer Journey der Zukunft ist hybrid: Zuerst online recherchieren und Entscheidungen treffen, dann offline kaufen. Zahlreiche Faktoren, wie beispielsweise der technologische Wandel hin zum Elektroauto, treiben diesen Wandel voran. Das komplexere und vielfältigere E-Angebot bringt einen erhöhten Bedarf an unabhängiger, digital gestützter Beratung mit sich.
Kurzum: Während der reine Online-Verkauf von Fahrzeugen sich nicht durchsetzen wird, wächst der Online Marktplatz über seine Rolle als reiner Marketingpartner hinaus. Hier entstehen neue Chancen, den Informations- und Entscheidungsprozess kundenfreundlich, transparent und effizient zu gestalten.
Analog zum Fahrzeugkauf werden Online-Marktplätze auch beim Fahrzeugverkauf an Bedeutung gewinnen. Dabei verdrängen sie den traditionellen Inzahlungnahme-Prozess zunehmend. Der Grund dafür sind zwei wesentliche Faktoren: Zum einen gewinnt das Leasing zunehmend an Popularität, sodass generell weniger privater Verkauf stattfindet. Zum anderen bieten Online-Marktplätze privaten Verkäufern die Möglichkeit, attraktivere Preise zu erzielen und von einem einfachen, transparenten und optimierten Verkaufsprozess zu profitieren. Auch für die Händlerseite lohnt sich die Abkehr von der traditionellen Inzahlungnahme. Aktuell erhalten Ankäufer beispielsweise oft Fahrzeuge, die gar nicht in ihr Angebotsportfolio passen. Sie müssen dann über eine zusätzliche B2B-Plattform oder über den Preis aufwändig und kostspielig weitervertrieben werden. Auf digitalen Ankauf-Plattformen erhalten Händler hingegen Zugriff auf eine breitere Anzahl passender Fahrzeuge zu passenden Preisen. Dies steigert die Effizienz und Rentabilität im Gebrauchtwagengeschäft nachhaltig. Es treibt aber auch den Wettbewerb zwischen Händlern auf den Plattformen an, was für effiziente Verkaufspreise sorgt. Eine Win-Win-Situation.

2. Neue Automobile Sachlichkeit: Vernunftbeziehungen auf Zeit statt Liebesheiraten für die Ewigkeit
Menschen hängen ihr Herz nicht mehr an eine Marke. In Zukunft wird die große Mehrheit bedarfsorientiert leasen und öfter das Fahrzeug wechseln.
Einmal BMW, immer BMW? Was früher einmal so selbstverständlich zum Ausdruck der eigenen Individualität gehörte wie die Frage nach der Schuhgröße oder der Lieblingsband, ist einer pragmatischen Flexibilität gewichen. Markenromantik ade – die große Mehrheit derer, die sich heute für ihr erstes oder zweites Auto entscheiden, zeigt sich offen für die Vielzahl an individuellen Mobilitätslösungen, die ihnen der rasant wachsende Markt bietet – und will sich zudem nicht auf ewig binden. Ein Carwow-Insight verrät: Kunden konfigurieren im Schnitt 7 Modelle von 4 Marken, bevor sie sich für den Kauf oder das Leasen eines Autos entscheiden. Woher kommt die neue automobile Sachlichkeit? Und wo führt sie uns hin?
Vor allem Käufer von alternativen Antrieben weisen eine deutlich geringere Loyalitätsrate auf. Klar: Beim Wechsel zu disruptiven Technologien werden die Karten gänzlich neu gemischt. Gleichzeitig wandelt sich das Fahrzeug generell vom Sehnsuchtsobjekt zum Nutzobjekt. Viele wollen Mobilität zwar nutzen, aber nicht zwangsläufig besitzen. Das hat zum einen finanzielle, aber auch ökologische und ideelle Gründe. Auch das Bewusstsein, dass sich sowohl das Angebot als auch die individuellen Bedürfnisse ganz schnell wieder ändern können, wächst. Das führt dazu, dass wir heute schon beobachten können, wie privates Fahrzeugleasing massiv an Bedeutung gewinnt. Aus der Konfigurationsanalyse von Carwow geht hervor, dass der Anteil von geleasten Fahrzeugen zwischen Januar und November 2024 bei 27 % lag – davon waren 38 % EV-Modelle. Carwow prognostiziert: Schon 2035 werden 80 % aller privater Neuwagen geleast oder finanziert sein.
“Die Entemotionalisierung des PKW trägt Früchte: Mehr Leasing, mehr Marken- und Technologieoffenheit, mehr Spaß am Wechsel.”
Felix Barth, Director Sales Carwow
Entgegen dem aktuellen Trend werden sich durch diese neue Flexibilität über kurz oder lang auch kürzere Nutzungszyklen ergeben. Nicht nur das Nutzerverhalten, auch das Angebot treibt in diese Richtung. Denn auch hier regiert längst nicht mehr das romantische The-one-and-only-Prinzip. Getrieben durch das Erstarken der chinesischen Automobilindustrie, den Trend zur Individualisierung und die rasante Entwicklung der Technologie im Bereich Elektromobilität fluten immer neue Marken und Modelle in immer kürzeren Zyklen den Markt. Dadurch wird es mehr und mehr Kurzzeitbeziehungen bzw. „Friends with Benefits“ zwischen Auto und Mensch geben. Der Wechsel zum neueren, schickeren oder passenderen Modell ist immerhin nur wenige Klicks und eine monatliche Rate entfernt. Diese Entwicklungen werden besonders den stationären Handel vor große Herausforderungen stellen. Gleichzeitig werden datenbasierte Entscheidungswege über Online-Marktplätzen an Bedeutung gewinnen, um im wachsenden Angebotsdschungel das nächste „Perfect Match“ zu finden.

3. 1x Datenzugang statt 100 Händler-Dates: Die Digitalisierung des Gebrauchtwagenmarkts macht den Weg zum Kaufvertrag effizienter
Der Gebrauchtwagenmarkt wird sich professionalisieren und noch stärker digitalisieren, um Verbrauchern im Technologie-, Modell- und Markendschungel die nötige Orientierung geben zu können.
Der Gebrauchtwagenmarkt in Deutschland wächst wieder – nicht zuletzt auch deshalb, weil Neuwagen für immer mehr Menschen zu kostspielig geworden sind. 2023 gab es in Deutschland laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) rund 6,48 Millionen Pkw-Besitzumschreibungen – 7 % mehr als im Vorjahr. Da ist also wieder was geboten, auf klassischen Verkaufsflächen der Gebrauchtwagenhändler. Doch es ist eine einsame Wartezeit geworden, denn die Kaufinteressenten, die tummeln sich längst in digitalen Sphären. Besonders in der Phase der Informationsbeschaffung bis hin zur Kaufentscheidung nutzen immer mehr Menschen auf der Suche nach einem Schnäppchen aus zweiter Hand digitale Plattformen, statt Händler vor Ort abzuklappern.
Im DAT-Report 2025 gaben 77 % der Käufer an, Online-Marktplätze bei der Fahrzeugsuche genutzt zu haben. 27 % der Befragten haben ihr Fahrzeug dort auch gefunden, bei den unter 30-Jährigen waren es sogar 35 %. Blickt man auf die Entwicklung des Einkaufsverhaltens im Bereich anderer Fast Consumer Goods, lassen sich daraus Schlüsse für die Zukunft ziehen: Sobald die sogenannte Generation X, die Generation Y sowie nachfolgende E-Commerce-affine Generationen im Markt noch stärker in Erscheinung treten, wird der Anteil derer, die Autos online suchen und finden, weiter rasant steigen.
Eine professionelle Online-Präsentation, transparente Preise und fundierte Informationen und Ratgeber sind das, was ein großer Teil der Käufer schon heute von einem guten Angebot erwartet. Auch hier werden also unabhängige digitale Plattformen immer wichtiger, vor allem diese, die neben den Modellinformationen auch redaktionelle Beratung bieten. Das wird sich erst recht zeigen, wenn in den kommenden Jahren eine regelrechte Modellflut sowie immer mehr Elektrofahrzeuge in den Markt gespült werden. Die wachsende Diversifizierung des Angebots und die komplexen technologischen Aspekte erfordert noch bessere und transparentere Orientierungshilfen. Das können nur umfassende digitale Datenpools und redaktionelle Inhalte bieten.
“Die Suche nach einem Gebrauchtwagen wird durch mehr Modelle und EVs im Sortiment immer komplexer. Digitalisierung ist für den Markt überlebenswichtig.”
Phlipp Sayler von Amende, CEO Carwow
Trotz notwendiger Digitalisierung bleibt der persönliche Kontakt wichtig. Probefahrten, Händlergespräche und andere Offline-Quellen sind für viele gerade bei Fahrzeugen, die nicht frisch aus dem Werk kommen, nicht wegzudenken. Die Frage nach dem Vertrauen bleibt also trotz des wachsenden Bedürfnisses nach digitaler Effizienz weiterhin ein Thema am Neu- und Gebrauchtwagenmarkt und erfordert ein Zusammenspiel aus On-
und Offlineangeboten. Fakt ist: Erfolgreiche Händler müssen ihr Angebot daher digital sichtbar machen und sich mit der Anbindung an datenbasierten Vergleichsmöglichkeiten, Kundenbewertungen und Finanzierungslösungen zukunftsfähig aufstellen.
Fazit: Eine neue Ära des Autohandels hat begonnen. Wer ein Fahrzeug verkaufen will, egal ob neu oder gebraucht, muss sich auch den veränderten Bedürfnissen und Erwartungen potenzieller Käufer anpassen. Die wachsende Bereitschaft besonders junger Generationen, sich nicht nur online, sondern auch marken- und technologieübergreifend zu informieren, stellt die Gesetze des traditionellen Autohandels mehr und mehr infrage. Unabhängige Online-Marktplätze liefern eine überzeugende Antwort auf diesen Wandel. Doch nicht nur der Vertriebsweg, auch das Angebot macht eine Transformation durch. So steigt durch die rasche technologische Entwicklung, die wachsende Marken- und Modellflut und den zunehmenden Automobil-Pragmatismus die Nachfrage nach bedarfsorientierten Leasing-Angeboten. Wer sich doch für einen Gebrauchten entscheidet, sucht und findet ihn immer häufiger online, was auch den Gebrauchtwagenmarkt dazu zwingt, sich weiter in Richtung digitaler Angebote zu bewegen. Wo ist sie also hin, die gute alte Magie des Autokaufs? Womöglich besteht sie in Zukunft schlicht in der Freiheit, Mobilität mit nur wenigen Klicks flexibel, bequem und passgenau in das Leben zu integrieren.